Art. 1
Dieses Gesetz bezweckt die Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann.
151.1
vom 24. März 1995 (Stand am 1. Juli 2020)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 8 Absatz 3, 110 Absatz 1 Buchstabe a, 122 und 173 Absatz 2 der Bundesverfassung1,2 nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 24. Februar 19933,
beschliesst:
1 SR 101
2 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2018, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2019 2815; BBl 2017 5507).
Dieses Gesetz bezweckt die Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann.
1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.
2 Das Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung.
3 Angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung stellen keine Diskriminierung dar.
Diskriminierend ist jedes belästigende Verhalten sexueller Natur oder ein anderes Verhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt. Darunter fallen insbesondere Drohungen, das Versprechen von Vorteilen, das Auferlegen von Zwang und das Ausüben von Druck zum Erlangen eines Entgegenkommens sexueller Art.
1 Wer von einer Diskriminierung im Sinne der Artikel 3 und 4 betroffen ist, kann dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde beantragen:
2 Besteht die Diskriminierung in der Ablehnung einer Anstellung oder in der Kündigung eines obligationenrechtlichen Arbeitsverhältnisses, so hat die betroffene Person lediglich Anspruch auf eine Entschädigung. Diese ist unter Würdigung aller Umstände festzusetzen und wird auf der Grundlage des voraussichtlichen oder tatsächlichen Lohnes errechnet.
3 Bei einer Diskriminierung durch sexuelle Belästigung kann das Gericht oder die Verwaltungsbehörde der betroffenen Person zudem auch eine Entschädigung zusprechen, wenn die Arbeitgeberinnen oder die Arbeitgeber nicht beweisen, dass sie Massnahmen getroffen haben, die zur Verhinderung sexueller Belästigungen nach der Erfahrung notwendig und angemessen sind und die ihnen billigerweise zugemutet werden können. Die Entschädigung ist unter Würdigung aller Umstände festzusetzen und wird auf der Grundlage des schweizerischen Durchschnittslohns errechnet.
4 Die Entschädigung bei Diskriminierung in der Ablehnung einer Anstellung nach Absatz 2 darf den Betrag nicht übersteigen, der drei Monatslöhnen entspricht. Die Gesamtsumme der Entschädigungen darf diesen Betrag auch dann nicht übersteigen, wenn mehrere Personen einen Anspruch auf eine Entschädigung wegen diskriminierender Ablehnung derselben Anstellung geltend machen. Die Entschädigung bei Diskriminierung in der Kündigung eines obligationenrechtlichen Arbeitsverhältnisses nach Absatz 2 und bei Diskriminierung durch sexuelle Belästigung nach Absatz 3 darf den Betrag nicht übersteigen, der sechs Monatslöhnen entspricht.
5 Vorbehalten bleiben Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung sowie weitergehende vertragliche Ansprüche.
Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
1 Organisationen, die nach ihren Statuten die Gleichstellung von Frau und Mann fördern oder die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahren und seit mindestens zwei Jahren bestehen, können im eigenen Namen feststellen lassen, dass eine Diskriminierung vorliegt, wenn der Ausgang des Verfahrens sich voraussichtlich auf eine grössere Zahl von Arbeitsverhältnissen auswirken wird. Sie müssen der betroffenen Arbeitgeberin oder dem betroffenen Arbeitgeber Gelegenheit zur Stellungnahme geben, bevor sie eine Schlichtungsstelle anrufen oder eine Klage einreichen.
2 Im Übrigen gelten die Bestimmungen für die Klagen und Beschwerden von Einzelpersonen sinngemäss.
5 SR 220
1 Personen, deren Bewerbung für eine Anstellung nicht berücksichtigt worden ist und die eine Diskriminierung geltend machen, können von der Arbeitgeberin oder vom Arbeitgeber eine schriftliche Begründung verlangen.
2 Der Anspruch auf eine Entschädigung nach Artikel 5 Absatz 2 ist verwirkt, wenn nicht innert drei Monaten, nachdem die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Ablehnung der Anstellung mitgeteilt hat, die Klage angehoben wird.
1 Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber ist anfechtbar, wenn sie ohne begründeten Anlass auf eine innerbetriebliche Beschwerde über eine Diskriminierung oder auf die Anrufung der Schlichtungsstelle oder des Gerichts durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer folgt.
2 Der Kündigungsschutz gilt für die Dauer eines innerbetrieblichen Beschwerdeverfahrens, eines Schlichtungs- oder eines Gerichtsverfahrens sowie sechs Monate darüber hinaus.
3 Die Kündigung muss vor Ende der Kündigungsfrist beim Gericht angefochten werden. Das Gericht kann die provisorische Wiedereinstellung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers für die Dauer des Verfahrens anordnen, wenn es wahrscheinlich erscheint, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung der Kündigung erfüllt sind.
4 Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann während des Verfahrens auf die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses verzichten und stattdessen eine Entschädigung nach Artikel 336a des Obligationenrechts7 geltend machen.
5 Dieser Artikel gilt sinngemäss für Kündigungen, die wegen der Klage einer Organisation nach Artikel 7 erfolgen.
7 SR 220
8 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 1 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).
1 Der Rechtsschutz bei öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Für Beschwerden von Bundespersonal gilt ausserdem Artikel 58 des Beamtengesetzes vom 30. Juni 19279.
2 Wird eine Person durch die Abweisung ihrer Bewerbung für die erstmalige Begründung eines Arbeitsverhältnisses diskriminiert, so ist Artikel 5 Absatz 2 anwendbar. Die Entschädigung kann direkt mit Beschwerde gegen die abweisende Verfügung verlangt werden.
3 Bundesangestellte können sich innerhalb der Beschwerdefrist nach Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196810 über das Verwaltungsverfahren an eine Schlichtungskommission wenden. Diese berät die Parteien und versucht, eine Einigung herbeizuführen.11
4 …12
5 Das Verfahren ist kostenlos; ausgenommen sind Fälle von mutwilliger Prozessführung. Im Verfahren vor dem Bundesgericht richtet sich die Kostenpflicht nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200513.14
9 [BS 1 489; AS 1958 1413 Art. 27 Bst. c, 1997 2465 Anhang Ziff. 4, 2000 411 Ziff. II 1853, 2001 894 Art. 39 Abs. 1 2197 Art. 2 3292 Art. 2. AS 2008 3437 Ziff. I 1]. Siehe heute Art. 35 und 36 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (SR 172.220.1).
10 SR 172.021
11 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004, in Kraft seit 1. März 2005 (AS 2005 1023; BBl 2003 7809)
12 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 1205; BBl 2001 4202).
13 SR 173.110
14 Satz eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 1205; BBl 2001 4202).
15 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2018, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2032 (AS 2019 2815; BBl 2017 5507).
1 Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die am Anfang eines Jahres 100 oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, führen für das betreffende Jahr eine betriebsinterne Lohngleichheitsanalyse durch. Lernende werden nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angerechnet.
2 Die Lohngleichheitsanalyse wird alle vier Jahre wiederholt. Fällt die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Zeitraum unter 100, so wird die Lohngleichheitsanalyse erst wieder durchgeführt, wenn die Zahl von 100 erreicht ist.
3 Zeigt die Lohngleichheitsanalyse, dass die Lohngleichheit eingehalten ist, so werden die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von der Analysepflicht befreit.
Die Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse entfällt für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber:
1 Die Lohngleichheitsanalyse ist nach einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode durchzuführen.
2 Der Bund stellt allen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ein kostenloses Standard‑Analyse-Tool zur Verfügung.
1 Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die dem Obligationenrecht16 unterstehen, lassen ihre Lohngleichheitsanalyse von einer unabhängigen Stelle überprüfen. Dafür können sie wählen zwischen:
2 Der Bundesrat legt die Kriterien für die Ausbildung der leitenden Revisorinnen und Revisoren fest.
3 Der Bundesrat regelt die Durchführung der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse im Bund.
4 Die Kantone regeln die Durchführung der Überprüfung der Lohngleichheitsanalysen in ihrem Zuständigkeitsbereich.
1 Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber übergibt dem Revisionsunternehmen alle Unterlagen und erteilt ihm die Auskünfte, die es für die Erfüllung der Überprüfung benötigt.
2 Das Revisionsunternehmen überprüft, ob die Lohngleichheitsanalyse formell korrekt durchgeführt wurde.
3 Es verfasst innerhalb eines Jahres nach Durchführung der Lohngleichheitsanalyse zuhanden der Leitung des überprüften Unternehmens einen Bericht über die Durchführung der Analyse.
Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber schliesst mit der Organisation nach Artikel 7 oder der Arbeitnehmervertretung eine Vereinbarung über das Vorgehen bei der Überprüfung und der Berichterstattung zuhanden der Leitung des Unternehmens ab.
Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber informieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis spätestens ein Jahr nach Abschluss der Überprüfung schriftlich über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse.
Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im öffentlich-rechtlichen Sektor veröffentlichen die einzelnen Ergebnisse der Lohngleichheitsanalyse und der Überprüfung.
1 Der Bund kann öffentlichen oder privaten Institutionen, die Programme zur Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben durchführen, Finanzhilfen gewähren. Er kann selbst Programme durchführen.
2 Die Programme können dazu dienen:
3 In erster Linie werden Programme mit neuartigem und beispielhaftem Inhalt unterstützt.
Der Bund kann privaten Institutionen Finanzhilfen gewähren für:
1 Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann fördert die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen und setzt sich für die Beseitigung jeglicher Form direkter oder indirekter Diskriminierung ein.
2 Zu diesem Zweck nimmt es namentlich folgende Aufgaben wahr:
Ansprüche nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d werden nach neuem Recht beurteilt, wenn die zivilrechtliche Klage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erhoben worden ist oder die erstinstanzlich zuständige Behörde bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Verfügung getroffen hat.
1 Der Bundesrat legt fest, bis wann die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nach Artikel 13a die erste Lohngleichheitsanalyse durchgeführt haben müssen.
2 Er kann den Zeitpunkt nach Unternehmensgrösse unterschiedlich festlegen.
20 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2018 in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2032 (AS 2019 2815; BBl 2017 5507).
1 Der Bundesrat sorgt für die Evaluation der Wirksamkeit der Artikel 13a–13i.
2 Er erstattet nach Durchführung der zweiten Lohngleichheitsanalyse, spätestens aber neun Jahre nach Inkrafttreten der Artikel nach Absatz 1, dem Parlament Bericht.
21 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2018, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2032 (AS 2019 2815; BBl 2017 5507).
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Juli 199622
22 BRB vom 25. Okt. 1995
…23
23 Die Änderungen können unter AS 1996 1498 konsultiert werden.
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